Was sieht die Geiß?

In der Berliner Integrationskita "Hand in Hand" spielen und lernen Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam. Der Respekt vor der Vielfalt menschlicher Perspektiven ist in der Einrichtung ein präsentes Thema. Unterschiede in der Wahrnehmung, in der Kommunikation und in den motorischen Ausdrucksfähigkeiten werden nicht als Defizite, sondern als Bereicherung für die pädagogische Arbeit betrachtet. Die räumliche Gestaltung in der Kita nimmt auf die besonderen Bedürfnisse aller Kinder Rücksicht, sie ist dem jeweiligen Entwicklungsstand bestmöglich angepasst und erlaubt auf diese Weise Autonomie und Selbstwirksamkeit. In dem Projekt "Was sieht die Geiß?“ machten sich 15 Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren mit unterschiedlichen Sichtweisen auf die Welt vertraut. Sie erforschten ihre Kita mit den Augen einer Geiß. Das Thema umfasste nicht nur Aspekte wie Bewegung, Größenverhältnisse, sondern auch Tiere und unser Verhältnis zur Umwelt. Neben einer Sensibilisierung für die sinnliche Wahrnehmung erlebten die Kinder auch eine Verbindung von Bewegung und Medien auf anschauliche Weise.

Das Projekt dauerte mehrere Wochen. Als thematischer Impuls diente das Märchen vom Wolf und den sieben Geißlein. Es wurde ergänzt von Gisela Bucks Geschichte "Flori und Florine, die beiden Ziegen“. Die Handlung wurde den Kindern nicht nur durch Vorlesen, sondern auch durch eine Handpuppe, die auf den Namen Paula hört, nahe gebracht. Dann setzten die Kinder die Geschichte selbst mit verteilten Rollen als Stabpuppenspiel um.

Was bedeutet es, die Welt mit den Augen einer Geiß zu betrachten? Diese Frage beschäftigte die Kinder. So entstand die Idee, eine Videokamera mit Klebeband auf einem Rollbrett zu befestigen. Voller Begeisterung schwangen sich die Kinder auf das Rollbrett und kullerten durch ihre Kita. Sie erkundeten ihren Gruppenraum, die Garderobe, die Küche, Flure, besuchten die Holzwerkstatt, aber auch das Büro der Leiterin – unten ihrem Tisch sahen sie nach, ob noch irgendwelche Papiere oder Stifte auf dem Boden lagen. Aber natürlich war alles bestens aufgeräumt! Zum Abschluss wurde die Videokamera an einen PC angeschlossen. Hier konnten die Kinder sehen, was es heißt, von unten nach oben zu schauen und die Umgebung aus Bodennähe, so wie eine kleine Geiß, zu entdecken. Dieses Nachempfinden anderer Wahrnehmungsperspektiven sorgte bei den Kindern für viel Spaß, aber auch großes Verständnis.

Die Kinder haben durch das Projekt auf mehreren Ebenen gelernt – sie eigneten sich biologisches Wissen über Ziegen und Geißlein an, übernahmen in einem Stabpuppenspiel verschiedene Rollen, probierten sich aber auch im selbständigen Umgang mit Video- und Digitalkamera aus. Die Technik half ihnen dabei, ihre Kita einmal aus einer völlig neuen Perspek-tive zu erschließen. Das konnte übrigens nur funktionieren, wenn man sich gegenseitig abwechselte und geduldig darauf wartete, bis man selbst das Rollbrett schieben oder die Digitalkamera bedienen konnte. Damit haben die Kinder im Rahmen dieses Medienprojektes auch soziales Lernen erlebt.

Quelle:

http://www.kaeptnbrowser.de/front_content.php?idcat=453

Das Projekt wurde im Rahmen des Bundesmodellprojekts "Medien machen mobil" der Käpt´n Browser gGmbH durchgeführt