Angela Tillmann, Informationsverhalten von Kindern und Jugendlichen in digital-vernetzten Welten (2017)

Mit der Digitalisierung hat sich das Informationsverhalten von Kindern und Jugendlichen maßgeblich gewandelt. Der Beitrag beschreibt, welchen Zugang Kinder und Jugendliche zu digitalen Informationen haben, welche Informationskanäle sie nutzen und welche Art Informationen sie bevorzugen. Am Ende des Beitrages werden Anforderungen an die politische (Medien-)Bildung abgeleitet.

Zugang zu Informationen in digital-vernetzten Öffentlichkeiten

Mit den digitalen Medien eröffnen sich öffentliche, halböffentliche und private Sphären, in denen Menschen sich informieren, selbst Informationen herstellen und veröffentlichen, sich an Online-Diskussionsgruppen beteiligen, für Aktionen mobilisieren und sich vielfältig vernetzen. Die Meinungsbildung erfolgt heute also immer auch mit und in digitalen Medien.

Auffällig ist, dass das Internet immer früher auch für Kinder an Bedeutung gewinnt. Bereits 11 % der Eltern von Dreijährigen geben an, dass ihre Kinder das Internet nutzen. Von den Vierjährigen gehen an einem Tag am Wochenende 44 % mindestens eine Stunde online, bei den Sechsjährigen sind es bereits 66 % (DIVSI 2015, S. 68 f.). Bei den Sechs- bis 13-Jährigen ist in fast jedem zweiten Kinderzimmer ein Smartphone/Mobiltelefon vorhanden. Jedes fünfte Kind (20 %) hat einen eigenen Computer oder Laptop in seinem Besitz und ein Drittel der Kinder (36 %) verfügt über einen eigenen Fernseher, der weiterhin das Leitmedium von Kindern darstellt (MPFS 2017: 8 f.). Bezogen auf die nahezu tägliche Nutzung steht er an erster Stelle (77 %) (ebd.: 10). Mit zunehmendem Alter werden die verschiedenen Medien stärker allein genutzt: 43 % der Jüngeren (6 – 7 Jahre) schauen "eher allein" Fernsehen, bei den Älteren (12 – 13 Jahren) sind es 61 %. Sehr deutlich zeigt sich der Einfluss des Alters auch beim Umgang mit dem Internet: 7 – 8 Jahre: 12 %, 12 – 13 Jahre: 42 % (ebd.: 15).

Bei den regelmäßigen (mindestens einmal pro Woche) ausgeübten Tätigkeiten im Internet steht bei Kindern die Recherche über Suchmaschinen (70 %) an erster Stelle, gefolgt von der Verschickung von WhatsApp-Nachrichten (58 %) und dem Anschauen von YouTube-Videos (50 %) (ebd.: 41). YouTube stellt auch die Lieblingsseite der Kinder dar (ebd.: 36). Welche Inhalte sie dort aufrufen, lässt sich anhand der vorliegenden Daten nicht beantworten. Spezielle Kinderseiten werden von 46 % der befragten Kinder regelmäßig genutzt (ebd.: 41) und stehen auf Platz 2 der Beliebtheitsskala (ebd.: 36). Facebook nimmt erst bei den Kindern ab zehn Jahren einen relevanten Stellenwert ein, hängt dann aber auch die Kinderseiten ab (6 – 7 Jahre: 8 %, 8 – 9 Jahre: 9 %, 10 – 11 Jahre: 24 %, 12 – 13 Jahre: 51 %) (ebd.: 41). Deutlich wird damit insgesamt, dass Kinderseiten bei Kindern hoch im Kurs stehen, Kinder sich aber, insbesondere mit zunehmendem Alter, mehr und mehr auch für die Welt oder die Dienste der Erwachsenen interessieren und eigenständiger in den Medienwelten bewegen.

Richten wir den Blick auf die 12- bis 19-Jährigen, zeigt sich, dass diese ebenfalls immer früher im Besitz von Mediengeräten sind (MPFS 2016: 8). Bereits im Jahr 2010 löste das Internet bei ihnen das Leitmedium Fernsehen ab (MPFS 2010: 27). Den größten Einfluss auf die Veränderung der Medienpraktiken Jugendlicher hat aktuell das Smartphone. Nahezu jede und jeder 12- bis 19-Jährige besitzt inzwischen ein eigenes Mobiltelefon (97 %) bzw. ein Smartphone (95 %) (MPFS 2016: 22). Für Dreiviertel der Jugendlichen ist es das Gerät, mit dem sie am häufigsten online gehen (ebd.: 24). Sie besuchen dann am liebsten YouTube (MPFS 2016: 29), dieses Angebot stellt für sie gleich nach Google das zweitwichtigste Informationsmedium dar, gefolgt von Facebook (ebd.: 41).

Informationsaneignung in einer medienkonvergenten Medienumgebung

Typisch für die Informationssuche Jugendlicher ist heute, dass sie medienübergreifend Informationen zu ihren Themen suchen (Wagner 2011). Fernsehinhalte sehen sie beispielsweise nicht mehr nur über das Medium Fernsehen, sondern auch regelmäßig über YouTube, Netflix, Mediatheken u. a. (MPFS 2016: 36). Diese sogenannten konvergenten Nutzungsmuster zeigen sich auch bei der Nutzung von Zeitungen bzw. tagesaktuellen Nachrichten: 20 % der Jugendlichen besuchen die Nachrichtenportale der Zeitungen (12 – 13 Jahre: 5 %, 18 – 19 Jahre: 35 %) und 15 % die der Zeitschriften (12 – 13 Jahre: 5 %, 18 – 19 Jahre: 25 %) (ebd.: 40). Dabei gewinnt insbesondere die Portabilität der Geräte an Bedeutung. So weist die ARD-Mobilstudie darauf hin, dass sich durch die Verbreitung der Smartphones auch der Zugang und Umgang mit Nachrichten bei Jugendlichen geändert hat: "Viele Nutzer/-innen sind "always on", um sich in kürzeren Zyklen auf den stets aktuellen Stand zu bringen und aktuelle Informationen einzuholen" (Müller 2013: 411).

Bezogen auf die Informationspräferenzen ("Ich informiere mich zum Thema [...] am häufigsten im [...]"), ist das Internet bei Jugendlichen bei acht von 14 Themen sogar die bevorzugte Informationsquelle (MPFS 2015: 17, vgl. auch Hasebrink/Schmidt 2013). Gefragt nach den "High Interest"-Themen, nennen Jugendliche – gleich nach dem Interesse an der Lösung persönlicher Probleme (87 %) – das aktuelle Zeitgeschehen (83 %) und mehr als jede oder jeder Zweite möchte "schnell Bescheid wissen" über die Bundes- und Lokalpolitik (54 %) (MPFS 2015: 16). Allerdings zeigt sich im Vergleich der Medien: Die Tageszeitung und das Fernsehen wurden im Jahr 2014 bei politischen und lokal relevanten Themen sowie dem aktuellen Zeitgeschehen noch klar bevorzugt (ebd.: 17f.); bedeutsam waren weiterhin Zeitschriften- und Tageszeitungsportale sowie Webangebote der öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsender (ebd.: 19). YouTube war 2014 bezogen auf bundespolitische Themen nur für 9 % der Jugendlichen informationsrelevant (ebd.). In zukünftigen Studien wäre angesichts der Entwicklung von YouTube zum inzwischen "zweitwichtigsten Informationsmedium" (s.o.) genauer zu differenzieren, was Jugendliche unter "Information" verstehen und welche Art Informationen sie bevorzugt zur Meinungsbildung heranziehen.

Eine weitere Erkenntnis ist, dass Jugendliche den Nachrichtenangeboten mehr Aufmerksamkeit schenken, die sie glaubwürdiger finden. So vertrauen 40 % der befragten Jugendlichen – im Falle einer widersprüchlichen Berichterstattung – am ehesten der Tageszeitung, gut ein Viertel entscheidet sich für das Fernsehen (26 %); Radiomeldungen sind für 17 % am vertrauenswürdigsten. Die Internetberichterstattung landet mit 14 % auf dem hinteren Platz. Eine häufige Nutzung von Informationsangeboten geht also nicht zwingend mit einer hohen Glaubwürdigkeit einher. So bildet die Tageszeitung zwar das Schlusslicht bei der regelmäßigen Nutzung durch Jugendliche, und doch vertrauen Jugendlichen ihr am meisten. Im Zeitvergleich offenbart sich weiterhin, dass sowohl die Tageszeitung (2014: 40 %, 2005: 42 %), das Fernsehen (2014: 26 %, 2005: 28 %) als auch das Internet (2014: 14 %, 2005: 16 %) in den letzten neun Jahren relativ konstante Werte hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit aufweisen, das Radio (2014: 17 %, 2005: 10 %) hier sogar um sieben Prozentpunkte zulegen konnte (MPFS 2014: 5).

Eine Studie des Hans-Bredow-Instituts, in der auch die zunehmende Konvergenz und Crossmedialität der Medienumgebung berücksichtigt wurde, liefert ein ergänzendes Bild. Auch sie zeigt, dass das Internet zwar das wichtigste Medium der Jugendlichen ist, Informationen zur politischen Meinungsbildung, zum Weltgeschehen sowie zu Deutschland aber am häufigsten im Fernsehen und regionale Informationen am häufigsten in der Zeitung gesucht werden (Hasebrink/Schmidt 2013: 5). Unter den fernsehbezogenen Nennungen entfallen im Hinblick auf das Angebotsgenre und bezogen auf die gesamte Altersspanne die weitaus meisten Nennungen auf Nachrichten (70 %), es folgen mit großem Abstand politische Talkshows (7 %) und politische Magazine (4 %), was insgesamt auf eine eher faktenorientierte als meinungsbezogene Informationssuche bei Jugendlichen schließen lässt (ebd.: 7). Die Tagesschau wird von allen befragten Altersgruppen (14 bis 29 Jahre, 30 bis 59 Jahre und ab 60 Jahre) am häufigsten als Quelle genannt – sie vereint etwa 13 % aller Nennungen auf sich. Es folgen bei den 14- bis 29-Jährigen – nahe beieinanderliegend – vor allem Online-Angebote (2. spiegelonline.de, 3. google.de, 4. web.de, 5. NTV-Nachrichten, 6. facebook.com), an siebter Stelle wird die BILD-Zeitung genannt. Freunde werden auf Platz 10 angeführt (ebd. 2012: 53). Ziehen wir die aktuellen Nutzungszahlen der JIM-Studie heran (MPFS 2016: 29), dürfen wir YouTube inzwischen wohl auf einer höheren Position vermuten. Erwähnt werden muss allerdings auch, dass die Tageszeitung aufgrund der Vielzahl von regionalen und lokalen Tageszeitungen, die in der Studie aufgeführt wurden, kaum eine Chance hat, in die vorderen Ränge zu gelangen (Hasebrink/Schmidt 2012: 54).

Weitere Hinweise auf die möglicherweise zunehmende Bedeutung von digitalen Medien und Social Media für die nachwachsenden Generationen liefern Studien, in denen Daten zur politischen Nutzung von digitalen Medien im Kontext politischer Ereignisse erhoben wurden, z. B. "zu Stuttgart 21" im Jahr 2011 und zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2012 (Bernhard u. a. 2013). Der Analyse zufolge sind es aktuell tatsächlich überwiegend jüngere Menschen, die Social Media für politische Zwecke nutzen. So liegt der Anteil derjenigen, die sich regelmäßig mittels Social Media über Politik informieren oder austauschen, zwar insgesamt noch unter 15 %, in der Altersgruppe der unter 30-Jährigen ist er aber höher als in der gesamten Bevölkerung. Deutlich wird weiterhin, dass sich in der Altersgruppe der unter 30-Jährigen auch mehr Menschen befinden, für die die Nutzung von Social Media zu politischen Zwecken inzwischen zum Alltag gehört.

Bezogen auf das rezeptive Informationsverhalten lässt sich somit insgesamt sagen, dass Jugendliche zunehmend konvergente Mediennutzungsmuster entwickeln. Im Unterschied zu Kindern, die das Fernsehen bevorzugen und sich dort, aber auch im Internet kindgerechten Angeboten zuwenden, bewegen sich Jugendliche zunehmend eigenständiger im Internet. Ihr bevorzugter Kanal ist ein Videokanal. Informationen zur politischen Meinungsbildung entnehmen sie verschiedenen Quellen. Sie greifen dabei auf faktenorientierte Informationen zurück, da sie ihnen eine größere Glaubwürdigkeit beimessen, recherchieren darüber hinaus aber auch über Online-Portale und nutzen Social Media. Die klassischen Gatekeeper werden bei ihnen also durch eine gemeinschaftliche Gewichtung durch Gleichaltrige und Gleichgesinnte ergänzt. Zu beobachten gilt, ob die Nutzung von Social Media für politische Zwecke bei den Jugendlichen weiter an Bedeutung gewinnt – eine Annahme, die angesichts der zunehmenden medialen Durchdringung der Lebenswelten naheliegt.

Humor als relevante Größe im Zugang zu (politischer) Information

Jugendliche und auch Kinder wenden sich also bevorzugt dem Videokanal YouTube zu. Eine mögliche Erklärung dafür finden wir in der Art und Weise, wie Informationen dort dargeboten werden – nämlich humorvoll. Auch werden Informationen teils von jungen Menschen selbst eingestellt, was offenbar großen Zuspruch findet. So haben Mikos und Töpper bereits vor einigen Jahren (2006) in ihrer Untersuchung mit 60 Jugendlichen aus sogenannten bildungsfernen Milieus aufzeigen können, dass Jugendliche eigene Vorstellungen von medial vermittelter politischer Bildung haben. Gefragt nach Verbesserungsvorschlägen, nennen sie in der genannten Studie, bezogen auf das damals bevorzugte Medium Fernsehen, vor allem schnelle und visuell anspruchsvolle Formate. Sie sprechen sich darüber hinaus für Jugendliche als Gäste und auch für eine Zuschauerbeteiligung aus. Politische Sendungen sollten aus ihrer Sicht zudem humorvoll sein.

Diese Wünsche werden mehr als zehn Jahre später in gewisser Weise von YouTube erhört. Es fällt zum einen auf, dass die Jugendlichen auf die Frage nach ihren liebsten YouTube-Kanälen am meisten solche nennen, in denen Personen ihres Alters auftreten (MPFS 2016: 39). Ein genauer Blick auf die beliebtesten Inhalte bei YouTube zeigt weiterhin: Humorvolle Formate zählen zu den gefragtesten Angeboten; so folgen auf der Beliebtheitsskala gleich nach Musikvideos (55 %) "lustige Clips" (40 %) und "Comedy/lustige Videos von YouTubern" (32 %). Aber auch Videos, in denen YouTuber Nachrichten und das aktuelle Geschehen präsentieren und kommentieren, befinden sich im Alltags-Repertoire von Jugendlichen (22 %). Der Nachrichtenkommentator LeFloid verbucht z. B. über drei Millionen Abonnements. Humor, so zeigen auch frühere Studien (z. B. Neuss 2003, Hartung 2008), ist offenbar ein wichtiger Aspekt bei der Zuwendung zu medialen Inhalten. Hier deuten sich vielversprechende Anknüpfungspunkte für die politische Medienbildung an.

Aktive Teilnahme an öffentlicher Meinungsbildung

Für die politische Mediensozialisation bedeutsam ist nicht nur der Informationszugang und das rezeptive, sondern insbesondere auch das aktive Informationsverhalten. In welcher Weise engagieren sich Jugendliche online und nehmen aktiv an der öffentlichen Meinungsbildung teil? Erste Studien liefern Hinweise dafür, dass die politisch motivierten gesellschaftlichen Online-Aktivitäten Jugendlicher eng mit ihrem Engagement außerhalb des Internets verknüpft sind (Wagner/Gebel 2014: 130). Auch bei der Rezeption und dem Verfassen von Inhalten zu öffentlich verhandelten politischen Themen z. B. bei Facebook zeigt sich, dass vor allem politisch Interessierte aktiv sind (Hohmann/Faas 2014: 257 f.). Wenn Jugendliche sich einbringen, stehen vor allem jugendkulturelle Themen und Spezialinteressen im Vordergrund, Artikulationsweisen mit Bezug zu gesellschaftspolitischen Themen im engeren Sinne kommen weniger häufig vor (Wagner u. a. 2011: 13).

Differenziert werden muss allerdings zwischen verschiedenen Formen des Engagements. So haben sich gemäß einer Studie des JFF München 46,2 % der Jugendlichen "mit einem geringen themenbasierten politischen Interesse" schon einmal an einer Diskussion beteiligt, 18,7 % haben bereits einmal Online-Unterschriftenlisten unterschrieben, an Online-Petitionen teilgenommen oder Protest-Mails verschickt. 26,8 % haben andere zu einer Aktion außerhalb des Internets und 28,5 % zu einer Internet-Aktion aufgerufen (Wagner/Gebel 2014: 130). Hier lässt sich sogar eine gewisse Steigerung im Vergleich zur älteren AID:A-Zusatzerhebung "Engagement 2.0" des Deutschen Jugendinstituts feststellen, in der etwas 9 % aller 13- bis 20-Jährigen angaben, sich bereits einmal aktiv an einer politischen Online-Aktion, z. B. Online-Demonstration oder Online-Petition, beteiligt zu haben (Forschungsverbund DJI/TU Dortmund 2011: 61). Zu beobachten wäre, ob es sich dabei um einen ansteigenden Trend handelt. Bereits jetzt zeigt sich aber, dass das Engagement außerhalb des Internets mit dem innerhalb des Internets verknüpft ist und hier mit anderen Mitteln und in anderen (teil)öffentlichen Sphären fortgesetzt wird.

Schlussfolgerungen für die politische (Medien-)Bildung

Dem Internet wurde von Beginn an ein demokratieförderndes Potenzial zugeschrieben. Bezogen auf die Informationsaneignung von Kindern und Jugendlichen muss diese These allerdings relativiert werden. Wenngleich das Internet einen leichten und direkten Zugang zu allen erdenklichen und somit im weitesten Sinne auch politischen Informationen gewährt, kann weiterhin nicht davon ausgegangen werden, dass damit zwangsläufig eine Grundlage für eine umfassende Informiertheit von Kindern und Jugendlichen gelegt wird. Vielmehr zeigt sich, dass Kinder und Jugendliche ihr Medienmenü mit zunehmendem Alter unter Einfluss ihrer sozialen On-/Offline-Netzwerke und in Abhängigkeit von ihren konkreten Lebensbedingungen individuell zusammenstellen. Kinder sind dabei noch stärker auf die Unterstützung von Eltern angewiesen. Sie eröffnen ihnen den Zugang zu Informationen und schaffen im Rahmen der Mediensozialisation wichtige Grundlagen für das zukünftige Informationsverhalten (Paus-Hasebrink 2009). Elternarbeit ist daher ein wichtiger Aspekt politischer Medienbildung.

Des Weiteren zeigt sich sowohl bei Kindern als auch bei Jugendlichen, dass ihre Medienauswahl sich auf einige wenige kommerzielle Anbieter beschränkt. Für die politische Medienbildung bedeutet dies, dass eine politische Meinungsbildung in digital-vernetzten Welten ohne die Preisgabe persönlicher Daten und den Verzicht auf Persönlichkeitsrechten wie dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung derzeit nicht möglich ist. Netzpolitische Fragen sind daher zukünftig auch zum Thema politischer Bildungsangebote zu machen. Zudem hat die politische Bildung dafür Sorge zu tragen, dass Kinder und Jugendliche in Fragen der Gestaltung zukünftiger Medienumgebungen einbezogen werden, denn wer Kinder und Jugendliche in die Lage versetzen möchte, das freiheitliche Gemeinwesen mitzugestalten und zu verteidigen, muss sie auch in die Lage versetzen, sich frühzeitig selbstbestimmt und partizipativ einzubringen und um es streiten zu können.

Eine weitere Hoffnung richtete sich in den Anfängen des Internets darauf, dass die Möglichkeit der leichten Informationsverbreitung über dieses Medium den Pluralismus der Meinungen in der Öffentlichkeit fördern würde. Frei von Gatekeepern und einer Zensur und mit vielfältigen Optionen zur globalen Vernetzung ausgestattet, sollten Menschen prinzipiell nicht nur als Publikum Zugang zu neuen Formen medial vermittelter Öffentlichkeit finden, sondern auch selbst als Kommunizierende aktiv werden können. Für die Gruppe der Kinder und Jugendlichen lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt festhalten, dass sie davon noch wenig Gebrauch machen bzw. die sozialen Medien noch vorrangig im Rahmen der teil-öffentlichen und privaten Kommunikation nutzen. Hier muss sich die Gesellschaft allerdings auch die kritische Frage gefallen lassen, inwieweit sie die Stimmen der Kinder und Jugendlichen nicht nur hören, sondern sie deren Meinungen auch berücksichtigen möchte.

Die Verbreitung politischer Informationen, der politische Austausch, die politische Meinungsbildung und auch die Partizipation an politischen Entscheidungsprozessen finden heute also immer auch und immer mehr online statt. Politische Bildung und Medienbildung sind damit eng miteinander verknüpft. Die Förderung von Medienkompetenz im Sinne der Förderung einer kritisch-reflexiven, sozialverantwortlichen, kreativen und auch genuss- und somit humorvollen Auseinandersetzung mit Normen, Werten, Ideologien, Einfluss und Macht sowohl im Mediensystem als auch in der Medienkommunikation ist eine wichtige Voraussetzung für die Teilnahme am Diskurs der Informationsgesellschaft und stellt daher eine grundlegende Aufgabe politischer Bildung dar.

Literatur

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Autorin: Dr. Angela Tillmann, Professorin für Kultur- und Medienpädagogik an der TH Köln, Leiterin des Forschungsschwerpunktes "Medienwelten" und von "Spielraum – Medienpädagogik in der digitalen Spielekultur" sowie Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur.